Höhere Werte geben uns Halt und Orientierung. Sie helfen bei Entscheidungsfragen und beim ins Tun kommen. Im Einklang mit persönlichen Werten zu handeln, gibt uns das Gefühl authentisch zu leben und trägt dazu bei, das eigene Leben als erfüllend und sinnvoll zu erleben.
Dies setzt jedoch voraus, dass man sich der eigenen Werte klar und bewusst ist. In der Regel ist es jedoch schwer, aus dem Stehgreif die grundlegende Orientierung im Leben zu beschreiben. Zudem besteht die Tendenz, seine Werte an äußeren Maßstäben zu orientieren, an dem was man glaubt, was andere von einem erwarten.
Der einzige Maßstab für die eigenen Werte ist die eigene, innere Welt. Es geht um die Frage, was ist DIR wirklich wichtig.
Was sind höhere Werte?
Werte sind Überzeugungen und Eigenschaften, die wir für wichtig halten und die dem eigenen Leben Richtung geben. Auf den ersten Blick könnte man meinen, was Menschen wichtig und richtig finden ist doch im Großen und Ganzen für jeden dasselbe. Auch wenn vielleicht „Gemeinschaft“ oder „Gerechtigkeit“ für viele Menschen wichtig sind, unterscheiden wir uns doch darin, welche Werte für uns die stärkste Kraft haben.
Es macht einen Unterschied, ob ich einem Wert allgemein zustimme oder, ob dieser eine tiefere Bedeutung für mich hat und sich auch spürbar auf mein Tun auswirkt. Dies könnte man als höhere Werte bezeichnen.
Höhere bzw. sinnstiftende Werte zeigen sich im alltäglichen Tun. Hier einige Beispiel dafür:
- Wenn mir Genuss sehr wichtig ist, werde ich meinen Einkaufskorb anders befüllen, als wenn Nachhaltigkeit oder Gesundheit meine zentralen Werte sind.
- Wer Leistung als wichtigen Wert lebt, wird schlechte Schulnoten der eigenen Kinder schwerer akzeptieren können, als jemand, für den Kreativität und Freiheit zentral sind.
- Wenn für mich Gemeinschaft und Freunde an erster Stelle stehen, werde ich eher nicht so schnell für einen Karrieresprung in eine andere Stadt ziehen. Wenn ich stets nach Herausforderungen strebe, wahrscheinlich schon.
- Wem Gerechtigkeit und ein faires Miteinander sehr wichtig sind, wird, wenn jemand ungerecht behandelt wird, eher für diese Person einstehen und dafür auch Konflikte eingehen.
Werte helfen, den schwierigeren Weg zu gehen
Werte zu leben, heißt auch, nicht immer den bequemen, leichten Weg zu gehen. Das lässt sich gut am Beispiel „Nachhaltigkeit“ zeigen: Wem dieser Wert wichtig ist, wird bewusst auf bestimmte Konsumgüter verzichten oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln reisen, auch wenn das umständlicher und zeitaufwendiger ist.
Ein sehr anschauliches Beispiel liefert uns die bekannte Psychologin Stefanie Stahl: Sie legt konfliktscheuen Menschen Fairness als höheren Wert ans Herz. Wer konfliktscheu ist, sagt anderen häufig nicht, wenn sie/er auf etwas keine Lust hat oder anderer Meinung ist. Das ist insofern nicht fair, als das Gegenüber dann nicht weiß, woran es ist und somit auch keine Chance hat, sein Verhalten anzupassen. Der Fairness-Gedanke kann harmoniebedürftigen Menschen helfen, Dinge offen anzusprechen, auch wenn das für sie der nicht gewohnte und daher unangenehmere Weg ist.
Nach höheren Werten zu leben, heißt also im Alltag immer wieder zu überprüfen: Passt das zu mir, was ich da gerade tue? Gehe ich automatisch den bequemen, gewohnten Weg oder tue ich, was mir wirklich wichtig ist?
Wie finde ich meine Werte?
Um deinen Werten auf die Spur zu kommen, kannst du folgende Hilfestellungen nutzen:
- Reflexionsfragen: Was ist mir wirklich wichtig?
- Wertelisten: Welche Werte lösen das stärkste „Ja“ in mir aus?
- Gewohnheiten & Rituale: Welche tiefere Bedeutung steckt dahinter?
Wer seine Werte nicht kennt, ist im Leben wie ein Segelschiff ohne gesetzte Segel unterwegs. Wellen und Wind treiben es einmal hierhin und einmal dorthin.
1. Reflexionsfragen:
Setz dich an einen ruhigen Ort und beantworte folgende Fragen:
- Was ist dir im Leben wichtig?
- Welche Person ist ein Vorbild für dich? Wofür steht diese Person?
- Welche Eigenschaften schätzt du an dir und anderen?
- Nach welchen Grundsätzen lebst du?
Bei den Antworten kannst du noch tiefer gehen, indem du dich selbst bei jeder Antwort nochmals fragst: Was bedeutet das für mich?
2. Wertelisten und Sinnquellen
Eine Möglichkeit ist eine Listen mit Werten durchzugehen und alle Begriffe wegzustreichen, bis nur mehr 3-5 überbleiben, die ein starkes „Ja“, also eine stark gefühlte Zustimmung in dir auslösen.
In meinen Workshops & Coachings arbeite ich mit den 26 Sinnquellen von der Psychologieprofessorin & Sinnforscherin Tatjana Schnell. Diese wurden im Rahmen einer umfassenden qualitativen Studie herausgearbeitet und werden schon seit vielen Jahren in der Sinnforschung genutzt.
Die von Tatjana Schnell gefundenen 26 Sinnquellen lassen sich 5 Quellgebieten zuordnen:
Quellgebiet: Das größere Ganze
- Selbsterkenntnis
- Naturverbundenheit
- Gesundheit
- Spuren hinterlassen
- Soziales Engagement
Quellgebiet: Eine höhere Macht
- Religion
- Spiritualität
Quellgebiet: Selbstverwirklichung
- Herausforderung
- Macht
- Entwicklung
- Leistung
- Freiheit
- Wissen
- Kreativität
- Einzigartigkeit
Quellgebiet: Struktur & Sicherheit
- Tradition
- Vernunft
- Moral
- Bodenständigkeit
Quellgebiet: Wir- & Wohlgefühl
- Gemeinschaft
- Spaß
- Liebe
- Genuss
- Fürsorge
- Bewusstes Erleben
- Harmonie
Quelle: Schnell, T. (2020). Lebensbedeutungen – Quellen des Lebenssinns. In „Psychologie des Lebenssinns“ (pp. 53-74). Springer, Berlin, Heidelberg.
3. Gewohnheiten & Rituale
Frage dich bei Gewohnheiten und Ritualen in deinem Alltag: Welche tiefere Bedeutung diese für dich?
Nehmen wir das Beispiel Sport: Du kannst Sport treiben, weil dir deine Gesundheit wichtig ist, oder weil du die Herausforderung suchst. Wenn du Sport mit anderen machst, verbindest du damit vielleicht Spaß und Gemeinschaft. Bei Yoga kann bewusstes Erleben im Vordergrund stehen, bei Leichtathletik möglicherweise Leistung. Einer Tätigkeit können sehr unterschiedliche Bedeutungen zugeschrieben werden.
Nimm dir Zeit zu reflektieren: Was sind Dinge, die du typischerweise tust (kochen, mit anderen gemeinsam essen, Serien schauen, Computerspiele spielen, Musik machen, Gartenarbeit, Spaziergänge, dich mit Freunden treffen, Wellness-Rituale)? Und was bedeuten diese Tätigkeiten für dich? Wenn es dir schwerfällt, dies zu benennen, kannst du die oben genannten Sinnquellen heranziehen und schauen, welcher Begriff am besten trifft, was du durch die Tätigkeit ausdrückst.
Höhere Werte stärker in deinem Leben integrieren
Wenn du feststellst, dass du deinen Werten mehr Raum in deinem Leben geben möchtest, dann hast du in diesem Blogartikel einige Anregungen gefunden, wie Werte sich in Handlungen ausdrücken können. Schreib dir für jeden Wert, den du für dich stärken möchtest, fünf konkrete Möglichkeiten auf, wie du diesen im Alltag umsetzen kannst. Und dann fehlt nur noch eins: Ins tun kommen!
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